Einleitung
Im Laufe der menschlichen Entwicklungsgeschichte haben sich verschiedene Kulturen im Rahmen ihrer eigenen Zeit an unterschiedlichen Plätzen dieser Erde entwickelt. Obwohl es Kulturen und Zivilisationen gegeben hat, die versuchten, andere an ihre eigene Entwicklung anzuschließen, wobei sie in manchen Fällen eine imperiale Vorherrschaft auferlegten, war die Menschheit noch niemals zuvor in einer solchen Situation, in der sie sich auf weltweiter Ebene integriert.
Kulturkonzept
Kultur kann als die Sammlung von Antworten verstanden werden, die eine Gruppe von Menschen während ihres Anpassungsprozesses entwickelt hat, um ihre physischen, sozialen, psychologischen und spirituellen Bedürfnisse, bezogen auf die Bedingungen und Bedingtheiten ihrer Umgebung (natürlich, sozial und technologisch) und die Zeit, zu befriedigen. Die Gesamtheit von Ausdrücken, die daraus emporsteigt, bildet die ‘kulturellen Objekte’.
Kultur ist nicht einfach eine reflexartige Antwort auf äußere Bedingungen und Bedingtheiten. Sie ist an erster Stelle ein Ausdruck menschlicher Absichtlichkeit. Eine Kultur berücksichtigt sowohl vergangene persönliche und soziale Erfahrungen, die Landschaft und natürlichen Bedingungen, unten denen ein Volk entstanden ist, seine Schöpfungen (seine Kunst, Werkzeuge, Architektur, Arbeits- und Organisationsweisen) als auch seine Bestrebungen, Glauben, Mythen, Spiritualität und Beziehungscodes. Diese berührbaren und unberührbaren Elemente sind so geformt, um existierende Bedingungen umzuwandeln, weil sie die Werte, welche Richtung und Bedeutung auf persönlichem und kollektivem Niveau geben, zum Ausdruck bringen.
Diese Zunahme des historischen Gedächtnisses, die wir Kultur nennen, wird auf verschiedene Arten von Generation zu Generation übertragen. Auf diese Art geschieht es, dass eine Kultur ‘erworben’ wird. Dadurch können tiefer liegende Aspekte der Kultur nur schwer entdeckt werden. Jedoch können sie durch vertiefte Dialoge enthüllt werden, denn Kultur ist die Brille, durch die hindurch die Welt interpretiert wird.
Analyse der heutigen Situation aus kultureller Sicht
Eine neue Kraft, die unter einer ökonomischen Kultur herangereift ist, hat den ganzen Planeten überzogen. Es ist eine Kultur, die auf dem Wert des Wettbewerbs gründet, der zu einer Konzentration der ökonomischen, politischen und militärischen Macht in den Händen Weniger geführt hat: autoritärer Zentralismus, der Kult der Objekte und die egozentrische Berechnung des extremen Pragmatismus ist ebenfalls charakterisierend. Sie verkündet eine „neue Wahrheit“ oder einen neuen Mythos, der auf der Behauptung beruht, dass „der Zugang zum Glücklichsein vom Geld abhängt“.
Diese neue Macht ist fähig weltweit eine andere kulturelle Form zu installieren, mittels der Anwendung von Gewalt unter Federführung einer „gesteuerten ökonomischen Globalisierung“, die uns arroganterweise als das einzig mögliche Modell der Entwicklung präsentiert wird. Die Werte dieser Macht, ihr Glauben und ihr Verhalten werden in das Leben der Menschen „injiziert“, formen eine neue Lebensweise und erzeugen ein System, das von Menschen gelebt und ertragen wird.
Dieses System erzeugt in den Menschen ein Gefühl des Scheiterns, da sie durch den Wert des Geldes ersetzt werden. Es erzeugt tiefe Krisen bei den Menschen, wenn sie bemerken, dass sie von ihrem eigenen System abgelehnt werden. Viele Leute verschiedener Kulturen finden sich selbst als Opfer von Anforderungen und Übertreibungen wieder, die ihnen aufgezwungen werden und zur gleichen Zeit fühlen sie sich verpflichtet, Werte, Glaubensansichten und Verhaltensweisen zu übernehmen.
Paradoxerweise gehen Menschen in die Falle im Kampf zwischen tatsächlich berechtigten Bedürfnissen und Bestrebungen und jenen Formen, die das System vorschlägt, wie man diese Bedürfnisse und Bestrebungen erreicht. Weil Menschen keinen sofortigen Ausweg sehen, verlieren sie sich in den alltäglichen Überlebensnotwendigkeiten und es ist diese unbedingte Notwendigkeit, dass sie in diese Falle treibt, und ihnen aufzwingt, sich in ein System zu integrieren, das nicht ihre Werte widerspiegelt.
Diese abnehmende Anpassung produziert Widersprüche für den Einzelnen, einen Verlust seiner historischen und kulturellen Identität und eine Empfindung der Bedeutungslosigkeit.
Der Einfluss der Globalisierung auf die Kulturen
Auf die gleiche Art erzeugt dieses Modell der Globalisierung in seinem Versuch alles gleich zu schalten einen Verlust kultureller Identität. Dieser Eindruck ist nicht auf den Ersatz kultureller Objekte zurückzuführen, eher noch auf einen Verlust der Verbindungen zu seinem innersten Selbst, und dem Verlust der Beziehungen zu den eigenen Bedürfnissen und seiner inneren Welt, aus der die Suche nach diesem kulturellen Objekt kam. Es ist diese fehlende Verbindung mit der inneren Welt, welches jedes Individuum durch seine Kultur ausdrückt, was wiederum zu einer wachsenden „Veräußerlichung der Kulturen” führt. Beispielsweise erheben sich Stereotypen von „Berühmtheiten“ zu Vorbildern, die nicht wirklich die Gefühle der Leute widerspiegeln. Diese falschen Vorbilder führen dazu, dass Individuen ihres existenziellen Bezugs zu sich Selbst und ihrer Gemeinschaften beraubt werden.
In den meisten Fällen werden die Menschen einer Kultur Teil der gleichen pragmatischen Veräußerlichung, die das System aufbürdet. Sie fallen dabei in dessen zunehmende Abhängigkeit, übernehmen in vielen Fällen untätig dessen Wert des Konsumdenkens, werden entweder stillschweigend oder ausdrücklich zu Mittätern und unterstützen sogar jede Form von deren Gewalt. Durch diesen Prozess verlieren sie ihre historische Identität und ihre Projektion in die Zukunft. Weil sie nicht mehr mit ihrer Vorstellung der Absichtlichkeit verbunden sind, üben sie diese immer weniger aus, und sind folglich nicht imstande eine angemessene Antwort auf die globale Krise zu geben, mit der der Planet konfrontiert ist.
Gleichzeitig erzeugt der Prozess der Globalisierung mit seinem schnellen und hektischen ökonomischen und technischem Wandel eine Beschleunigung von Ereignissen und Reaktionen und das wiederum bewirkt eine Instabilität und Desorientierung in jeder Gesellschaft dieses Planeten. Der Nationalstaat ist in einer Krise und ist nicht länger ein Bezugspunkt für die Leute. In diesen Momenten der sozialen Instabilität entstehen tief verwurzelte kulturelle Loyalitäten und mit ihnen tief verwurzelte Ressentiments. Unlängst konnten wir ein Wiederentfachen uralter kultureller Konflikte und damit den Horror ethnischer Säuberungen an verschiedenen Plätzen der Erde erleben. Umgekehrt verwehren sich einige Völker der Globalisierung, während sie einen kulturellen Fundamentalismus entwickeln, bei dem sogar die eigenen negativsten kulturellen Aspekte verteidigt und verstärkt werden.
Es ist wichtig hier einige Konzepte zu erwähnen, die von Salvatore Puledda in seinem Essay „Globalisierung, eine Bedrohung der kulturellen Vielfalt?“ beschrieben wurden „..Hier möchte ich klarmachen, dass wir den Prozess der Globalisierung nicht als etwas rein Negatives sehen. Tatsächlich sind wir dankbar, dass dieser Prozess uns an einen Punkt gebracht hat, an dem alle Länder, alle Kulturen der Welt erstmalig zusammen kommen. Dieser Prozess ermöglicht einen Grad von Austausch zwischen den Leuten, der ein oder zwei Generationen zuvor nicht denkbar gewesen wäre. Dies hat größere Möglichkeiten für den Austausch von Ideen, Glaubensvorstellungen und kulturellen Modellen hervorgebracht. Dies hat uns gezeigt, dass Unterschiede zwischen den Leuten unbedeutend sind, im Vergleich zu den Erfahrungen und Bestrebungen, die alle gemeinsam haben.”